Kalte Luft zog dem kleinen Schnuffelchen um die Nase. Es blinzelte und sah zum offenen Fenster. "Igitt", dachte es, "wer hat nur das Fenster aufgemacht?" Draussen war es trübe und kalt. Nebel lag über dem Tal.

Auch das tiefste Kuscheln unter die Bettdecke half bald nichts mehr. Das Schnuffelchen hopste zum Fenster und drückte es zu, so fest es nur konnte. Dann kroch es zum Kachelofen und wärmte sich. Wo war nur die Prinzessin? Warum war das Schnuffelchen allein?

Ach richtig, es war Donnerstag. Und Donnerstags kam immer die Musiklehrerin ins Schloss, um die Prinzessin zu unterrichten. Auch eine Prinessin muss lernen. Heute lernte sie Violine. Das klang schön, wenn man es richtig machte. Das fand auch das Schnuffelchen.

Nachdem es sich wieder richtig aufgewärmt hatte, suchte es nach etwas Essbarem, am besten Schokolade. Leider war im ganzen Zimmer nichts zu finden. Dem Schnuffelchen knurrte der Magen. Es schnupperte Richtung Tür. Kam von dort nicht der Hauch von Schokolade aus dem Gang herüber. Es musste sich überzeugen.

Also tat das kleine Schnuffelchen, was es immer in solchen Fällen zu tun pflegte: Es nahm sich ein Taschentuch von der Prinzessin und schlich auf den Gang. Das Taschentuch benutzte es, um sich zu tarnen, falls jemand unerwartet auftauchen würde. Dann würde es unter das Taschentuch kriechen und so würde jeder denken, dass da nur ein verlorenes Taschentuch am Boden liegt. Zur Not konnte das Schnuffelchen immernoch jeden in den Finger beissen, der versucht, das Taschentuch aufzuheben. Bisher war aber immer alles gut gegangen.

Das Schnuffelchen folgte dem Geruch. Im Gegensatz zu Menschen können Schnuffelchen Schokolade schon von weitem riechen. So war es kein Wunder, dass unser Schnuffelchen tatsächlich nach einiger Zeit einen kleinen Beistelltisch im Salon gefunden hatte, auf dem verheissungsvoll ein Stück Silberfolie glitzerte.

Das Schnuffelchen kletterte den Vorhang hinauf und sprang von dort auf den Sessel. Nun konnte es auf den Tisch hüpfen und nachsehen, was in der Silberfolie war.

So richtig lesen konnte das Schnuffelchen ja nicht, es reichte gerade mal für seine Lieblingsworte. 'Schokolade' erkannte es aber sofort. Und eben dieses Wort stand auf dem Silberpapier. Dass da noch andere Dinge drauf standen, störte nicht besonders. Das Schnuffelchen wühlte in der Folie, bis es schließlich etwas Hartes spüren konnte. Es brach ein Stück ab und zog es heraus. Doch was war das?

Es roch fast wie Schokolade, aber es sah nicht so aus. Es war weiss! Weisse Schokolade hatte das Schnuffelchen noch nie gesehen. Es beschnupperte das Stück von allen Seiten, bevor es probierte. Ein bisschen komisch schmeckte das schon, aber es war süß, und satt machte es ja auch.

Nicht lange und das Schnuffelchen hatte sich den kleinen Bauch mit weisser Schokolade vollgeschlagen. Zufrieden wippte es auf dem Kissen des Sessels hin und her. Dann lief es zurück ins Zimmer der Prinzessin, denn dort war sein Zuhause. Als es wieder im Bettchen lag, rieb es sich über seinen kleinen Kugelbauch und schlief zufrieden ein.

Die Prinzessin kam von Musikunterricht zurück und fühlte sich irgendwie schlapp. Der Tag war so bedrückend. Die Sonne konnte den Nebel im Tal nicht durchdringen und das Wetter schlug ihr auf's Gemüt. Sie schaute sich um, doch das Schnuffelchen war nirgends zu sehen. Gedankenverloren setzte sich sich auf ihr Bett.

"Aaaaauuu" quiekte es unter ihr. Die Prinzessin sprang wieder hoch. "Schnuffelchen? Wo bist Du denn?" fragte sie ins Bett hinein. "Na hier vor Deiner Nase bin ich" rief das Schnuffelchen und winkte.

Normalerweise war das dunkle Schnuffelchen im weissen Bett nicht zu übersehen. Heute jedoch musste die Prinzessin schon genau hinschauen, um es zu finden.

"Was starrst Du mich so an? Bist Du blind?" wunderte sich das Schnuffelchen. "Nein, aber Du siehst so anders aus" stellte die Prinzessin fest. Das Schnuffelchen sah sie mit großen Augen an. "Wie sehe ich denn aus?" wollte es wissen.

"Nunja, irgendwie... warte mal..." Die Prinzessin ging zu ihrem Schminktisch und holte einen Spiegel. Das Schnuffelchen sah hinein und murmelte "Ich bin ja... ... weiss!"

"Ja, deswegen konnte ich Dich auch im Bett nicht sehen. Man sieht ja nur noch Deine blauen Augen."

"Aber wie kann denn das sein???" wunderte sich das Schnuffelchen. "Bestimmt färbt Dein Bett ab."

"Nein", entschied die Prinzessin schließlich, "Du bist krank. Erzähl mir mal genau, was Du heute gemacht hast." Das Schnuffelchen erzählte ihr, wie kalt es heute morgen gewesen war und dass es nach dem Aufstehen Schokolade gegessen hatte. Erst nach einer Weile fanden die beiden heraus, dass es weisse Schokolade gewesen war.

Schnell holte die Prinzessin eine Tafel bester Zartbitterschokolade aus der Küche. Das war gar nicht so einfach, denn das Personal machte sich mittlerweile Sorgen, weil der Schokoladenbedarf der Prinzessin in letzter Zeit so stark angestiegen war. Sie kam ja beinahe jeden Tag und bat im eine Tafel.

Der König hatte deshalb befohlen, dass auf die Gesundheit der Prinzessin besonders zu achten sei. Da sie jedoch weder dicker wurde noch irgendwelche auffälligen anderen Symptome zeigte, bekam sie weiterhin, was sie wollte. Es wusste ja niemand, dass sie die Schokolade fast immer nur für das kleine Schnuffelchen holte.

"Iiiiiiihh!" rief das Schnuffelchen, als die Prinzessin damit began, es zu füttern. Zartbitterschokolade war gar nicht nach seinem Geschmack. Der Kakaoanteil war zwar doppelt so hoch wie bei normaler Schokolade, aber der Zucker fehlte.

"Medizin muss bitter schmecken, nur dann hilft sie" predigte die Prinzessin und schob ihm wieder ein Stück zwischen die Zähne. Das Schnuffelchen kaute ewig darauf herum, denn die Zartbitterschokolade schmolz nicht so leicht im Mund. "Ich schaff das nicht. Ich muss ewig weiss bleiben" schluchzte das Schnuffelchen.

Schließlich hatte die Prinzessin eine Idee. Sie zerbrach die Zartbitterschokolade in kleine Stücke und reihte sie auf dem Bett auf. Dann griff sie in ihr Gewand und holte eine Tafel feinster Vollmilchschokolade hervor.

"Ohhh... ahhhh!" Da begannen die Schnuffelchenaugen zu leuchten. "Aber Du musst es der Reihe nach essen, und nicht schummeln" ermahnte die Prinzessin und legte die Vollmilchschokolade ans Ende der Reihe der Schokokrümel auf dem Bett.

Das Schnuffelchen strengte sich wirklich an. Es brauchte für jedes Stück sehr lange, aber die Prinzessin konnte beobachten, wie das Schnuffelchen mit jedem Bissen ein klein wenig dunkler wurde. Als es bei seiner Lieblingsschokolade angekommen war, war es wieder so braun wie immer.

"Oh weh" jammerte das Schnuffelchen und hielt sich den Bauch, der nun richtig dick war. "Ich kann gar nichts mehr essen. Ich bin viel zu voll."

"Das macht nichts. Dann legst Du Dich wieder hin in schläfst weiter. Deine Schokolade darfst Du mit ins Bett nehmen, die hast Du Dir redlich verdient." schlug die Prinzessin vor und streichelte ihm über den Kopf.

Das Schnuffelchen kuschelte sich wieder unter die Decke, hielt seine neue Tafel Schokolade fest im Arm und schlief ein, um wieder ganz gesund zu werden.