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Das Schnuffelchen verirrt sich
Es war ein schöner sonniger Nachmittag. Das Schloß stand erhaben über dem Land. Das Schnuffelchen saß auf dem Fensterbrett und ließ seinen Blick über die Wiesen und Felder wandern. Es schnupperte in den Sommerwind, der Blütenduft heranbrachte. Die Prinzessin war mit einem Gemälde beschäftigt. Das Schnuffelchen zupfte an ihrem Ärmel und sagte "Komm, wir gehen raus auf die Wiese und spielen", aber die Prinzessin hatte keine Zeit. Sie saß tief versunken, ihren Kopf auf die Hand gestützt und dachte über ihr Bild nach. Also machte sich das Schnuffelchen alleine auf den Weg. Vorsichtig schaute es im Schloß, damit es von niemandem gesehen wurde, dann huschte es über den Flur, zum Eingang und schwups - war es draußen. Auf der Wiese konnte es sich gar nicht genug austoben. Es hüpfte über Blümchen, flitzte kreuz und quer durch das Gras und kugelte mit vielen kleinen Purzelbäumen den Abhang hinunter. Unten am Bach ließ es einen Holzstock ins Wasser und lief ihm nach, soweit es ihm folgen konnte. So schön hatte es schon lange nicht mehr herumgetobt. Vielleicht lag es daran, daß es jetzt im Schloß wohnen durfte und sich so gut aufgehoben fühlte. Der Nachmittag verging wie im Flug, ohne dass das Schnuffelchen einmal an die Uhrzeit gedacht hätte. Als die Sonne unterging und die Schatten der Bäume die Wiesen bedeckten, begann das Schnuffelchen sich auf den Heimweg zu machen. Es fand den Weg, der zum Schloß führte. Als es ihm eine Weile gefolgt war, machte der Weg eine Biegung. "Komisch, da ging es doch immer gerade aus..." dachte das Schnuffelchen. Es wurde stutzig und sah sich um. Nun war es nicht mehr so sicher, ob die Richtung stimmte. Es beschloß, auf einen Hügel zu klettern, um Ausschau zu halten. Doch als es die Hügelspitze endlich erreicht hatte, sah es keine weite Landschaft oder das Schloß, sondern einen weiteren Hügel, der dahinter lag. Hier war es noch nie zuvor gewesen, da war sich das Schnuffelchen ganz sicher! Das Schnuffelchen wurde unruhig. Die Sonne war untergegangen, es wurde kühl, die Blümchen hatten die Köpfchen auf ihre Blätter gelegt und schnarchten leise. Das Schnuffelchen war ganz allein. Eine Träne kullerte ihm über das Gesicht. Es schniefte und setzte sich ins Gras. "Schlapp schlapp... Bettchen... Kuscheln..." So viele Dinge fielen dem Schnuffelchen jetzt ein, die es haben könnte, wenn es jetzt im Schloß wäre. Langsam und ziellos rutsche es den Hügel hinunter und ging auf dem Weg weiter, der in den Wald führte. Dort war es schon richtig dunkel. Bald konnte das Schnuffelchen nicht mehr sehen, wo der Weg war. Da verließ ihn der letzte Mut. Es setzte sich unter einen kleinen Baum und fing bitterlich an zu weinen. Sein ganzes Fell wurde naß und es schniefte und schluchzte, so laut es konnte. Niemand würde es hören. Niemand würde es finden. Die ganze lange, kalte Nacht würde es hier sitzen bleiben und warten müssen. Und zuhause im Schloß würde die Prinzessin nach ihm suchen. Bei dem Gedanken an die verzweifelte Prinzessin wurde das Schnuffelchen noch viel trauriger. Es machte sich große Vorwürfe. Das hatte es alles nicht gewollt. Es schniefte, wischte sich die Nase ab und ließ die Hand auf den Boden sinken. Unter der Hand lag ein kleines Taschentuch. Das Schnuffelchen ergriff es, putzte sich die Nase und legt es beiseite. Es stutzte. Dann nahm es das Taschentuch wieder in die Hand und starrte im dunklen darauf. Woher kam dieses Taschentuch?! Plötzlich bemerkte es ein bläuliches Licht, das hinter ihm vom Baum kam. Das Schnuffelchen erstarrte und beobachtete, wie neben ihm aus dem Licht ein weiteres Taschentuch langsam abgelegt wurde. Dann spürte es eine Hand, die ihm über den Kopf streichelte und hörte eine Stimme: "Nicht traurig sein, sonst muß ich auch weinen." Mit einem Satz sprang das Schnuffelchen auf. Wer war das da hinter ihm? Es blickte hinter sich und sah eine kleine blaue Gestalt. Sie war nicht wirklich blau, sie leuchtete bläulich, gerade soviel, daß man sie erkennen konnte. "Hilfe!!!" rief das Schnuffelchen, und die kleine Gestalt bekam große Augen und versteckte sich hinter dem Baum. Nach einer Schrecksekunde schaute das Schnuffelchen um den Stamm herum. Dort kauerte ein kleiner Geist und hielt sich die Augen zu. "Hast Du Angst vor mir?" fragte das Schnuffelchen. "Jhooo" antwortete der kleine Geist durch die Hände vor seinen Gesicht. "Aber ich hatte doch Angst vor Dir" erklärte das Schnuffelchen. "Du kannst Die Hände wieder runternehmen, ich tu Dir nichts. Bestimmt nicht." Der kleine blaue Geist sah das Schnuffelchen mit großen Augen an und ließ die Hände sinken. "Wer bist Du?" fragten beide gleichzeitig und mußten darüber ein bißchen lachen. "Ich bin das Schnuffelchen und wohne im Schloß bei der Prinzessin. Ich finde nicht mehr nach Hause." sagte das Schnuffelchen. "Ich bin ein kleiner blauer Waldgeist und ich will Dir helfen." antwortete der Geist. "Ich habe nie Gesellschaft und keine Freunde. Alle fürchten sich immer, wenn sie mich nachts sehen, und tagsüber bin ich unsichtbar und kann mit niemandem spielen." Der Geist wurde traurig und ließ den Kopf sinken. "Armer kleiner Geist", dachte das Schnuffelchen und reichte ihm das Taschentuch. "Weil ich so oft traurig bin, habe ich immer Taschentücher dabei. Und da wollte ich Dir auch welche geben, als ich Dich hier gefunden habe." "Das ist aber lieb von Dir", freute sich das Schnuffelchen. "Ich dachte immer, Geister sind groß und böse, und man muß sich vor ihnen fürchten?!" "Nein, nein, das erzählen sich die Leute nur. Aber sie wissen ja gar nicht, wie es ist ein Geist zu sein", beklagte sich der kleine Waldgeist. "Ich zeige Dir den Weg zum Schloß, und dann können wir uns unterwegs Geschichten erzählen." "Oh, das wäre ja toll!" freute sich das Schnuffelchen, denn es liebte Geschichten und wollte gerne nach Hause. So machten sie sich auf den Weg. Der Waldgeist erzählte davon, daß er in einer Baumhöhle wohnt und was es alles Tolles zu erleben gibt in einem so schönen Wald. Und das Schnuffelchen erzählte ihm von den Blümchen auf der Wiese und der Prinzessin. "Wenn Du willst, besuche ich Dich wieder und wir können miteinander spielen", schlug das Schnuffelchen vor. "Bist Du jeden Tag dort, wo wir uns getroffen haben? "Ja, ich wohne da ganz in der Nähe. Nur bei Neumond kann ich nicht, denn dann ist unser Waldfest. Da kommen alle Waldgeister zusammen und wir feiern im Wald. Du mußt jetzt gehen." sagte der Waldgeist und zeigte den Hügel vor ihnen. Dort oben leuchteten die Fenster des Schlosses zu ihnen herab. Es kam dem Schnuffelchen vor, als seien sie gerade erst losgelaufen. Es freute sich und bedankte sich beim Waldgeist. Der schwebte in die Luft, machte einen Salto und mit einem "tschüüüühhhüüüssssss" sauste er Richtung Wald davon. Es war, als könnte man ihn in der Ferne immernoch leise hören, als das Schnuffelchen den Hügel hinaufging und endlich beim Schloß ankam. Dort kletterte es über die Wasserrinne durch die Mauer, denn das Tor war bereits geschlossen, und schlich dann ins Haus durch den Flur in das Zimmer der Prinzessin. Es kuschelte und drückte sich ganz fest an die der Prinzessin, die bereits im Bett lag. "Schnuffelchen" flüsterte sie halblaut. "Wo bist Du nur gewesen?!" Das Schnuffelchen machte große Augen und eine Freudenträne rollte auf das Kopfkissen. "Liebhabsel!" flüsterte es und schlief neben der Prinzessin ein.
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